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Rechtswidrige Datenübermittlung zwischen EU und USA und weitere Verstöße: Der EDSB erlässt Unterlassungsanordnung gegen das Europäische Parlament
Anfang Januar veröffentlichte der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) eine Entscheidung, nachdem die Vereinigung noyb (none of your business bzw. European Centre for Digital Rights) bereits vor einem Jahr im Namen von sechs Mitgliedern des Europäischen Parlaments eine Beschwerde bzgl. einer Webseite des Europäischen Parlaments eingereicht hatte. In seiner Entscheidung geht der EDSB davon aus, dass die COVID-Testseite des Europäischen Parlaments gegen mehrere Datenschutzvorschriften verstößt. Kritisiert wurden in der Beschwerde von noyb insbesondere irreführende Cookie-Banner, vage und unklare Datenschutzinformationen und die illegale Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA. Der EDSB überprüfte den Fall und stellte einen Verstoß gegen die Verordnung (EU) 2018/1725 (nachfolgend „Verordnung)“, die zwar nur für EU-Institutionen gilt, der DSGVO jedoch sehr ähnelt, fest. Eine detaillierte Auflistung der einzelnen Verstöße sowie ihrer korrespondierenden Vorschriften in der Verordnung (EU) 2016/679 „EU-DSGVO“ finden Sie unter Nummer 4.
1. Rechtswidrige Datenübermittlungen in die USA
Der EDSB stellte fest, dass die Verwendung von Google Analytics und des Anbieters Stripe auf der Webseite des Parlaments zur Buchung von COVID-19-Tests gegen die Feststellungen des Gerichtshofs in der Entscheidung Schrems II (Urteil vom 16. Juli 2020, Az. C-311/18) verstößt. Die Webseite wurde vom Europäischen Parlament im September 2020 unter Verwendung eines Drittanbieters namens Ecolog eingeführt. Mit der sog. "Schrems II"-Entscheidung hat der EuGH klargemacht, dass die Übermittlung personenbezogener Daten aus der EU in die USA nur unter strengen Voraussetzungen zulässig ist. Eine Datenübermittlung in die USA ist für Betreiber von Webseiten nur dann rechtskonform, wenn ein angemessenes Schutzniveau sichergestellt werden kann. Ein solcher Schutz war bei der Übermittlung von Daten in die USA im vorliegenden Fall nach Ansicht des EDSB nicht gegeben. Insbesondere stellte der EDSB fest, dass das Parlament keine Unterlagen, Nachweise oder sonstigen Informationen über die vertraglichen, technischen oder organisatorischen Maßnahmen bereitgestellt hat, die ergriffen wurden, um ein im Wesentlichen gleichwertiges Sicherheitsniveau für personenbezogene Daten zu gewährleisten, die im Zusammenhang mit dem Einsatz von Cookies auf der Website in die USA übermittelt werden.
Hinweis: Der Vorwurf bezog sich hier also vor allem auch auf die Rechenschaftspflicht und die Dokumentationsebene. Dieser Aspekt sollte von Unternehmen bei der Dokumentation der eigenen Datenflüsse besonders beachtet werden.
2. Verwirrende Cookie-Banner
In der Beschwerde wurde auch bemängelt, dass die Cookie-Banner der Website unklar und irreführend waren. Demnach wurden nicht alle platzierten Cookies in dem Banner aufgeführt, ferner gab es Abweichungen zwischen den verschiedenen Sprachversionen. Beispielsweise zeigte die englische Version des Banners nur ein Kästchen mit der Bezeichnung "essential", während die französische und die deutsche Version zusätzlich ein Kästchen mit der Bezeichnung "externe Medien" enthielten. Der deutsche Cookie-Banner enthielt auch die Option „nur notwendige Cookies akzeptieren“, eine Option, die sowohl in der englischen als auch in der französischen Version fehlte. Darüber hinaus machten die Beschwerdeführer geltend, dass es auf der ersten Ebene des Cookie-Banners keine Option "Alle ablehnen" gebe, was einen Verstoß gegen Art. 14 der Verordnung darstelle, so dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer konformen Zustimmung nicht erfüllt seien. Außerdem gab es auf der Website keine Informationen darüber, wie die Zustimmung zur Verwendung von Cookies widerrufen werden kann. Während der Überprüfung entfernte das Parlament die Cookies von seiner Website.
Hinweis: Der EDSB prüft die Anforderungen an den rechtskonformen Cookie-Einsatz auch anhand der Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie, der nun in Deutschland in § 25 TTDSG umgesetzt wurde. Daher lohnt sich auch für Unternehmen ein Blick in die Begründung der Aufsichtsbehörde.
3. Unklare Informationen und unzulängliche Beantwortung von Auskunftsersuchen
Außerdem wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass die Datenschutzinformationen nicht klar und transparent seien und sich auf COVID-Tests am Brüsseler Flughafen sowie auf eine falsche Rechtsgrundlage bezögen. Zwar änderte das Parlament während der Untersuchung seine Hinweise, machte sie aber offenbar teilweise noch schlechter. Der EDSB vertrat ebenfalls die Auffassung, dass die vom Parlament zur Verfügung gestellten Informationen einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Transparenz darstellen. Schließlich stellte der EDSB auch fest, dass das Parlament nicht angemessen auf Auskunftsersuchen der Betroffenen geantwortet hat.
Hinweis: auch hier lässt sich die Begründung der Aufsichtsbehörde in den Bereich der DSGVO übertragen. Die Anforderungen an zu erteilende Informationen und die Bearbeitung von Auskunftsersuchen sind mit jenen der Verordnung für das Parlament vergleichbar.
4. Zusammenfassung
Der EDSB kam zu dem Ergebnis, dass das Parlament im Einzelnen folgende Vorschriften der Verordnung (EU) 2018/1725 verletzt hat:
- 26 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1, da das Parlament seiner Pflichten als Verantwortlicher nicht nachgekommen ist, indem er einen Auftragsverarbeiter eingesetzt hat, der keine hinreichenden Garantien für die Umsetzung geeigneter technischer und organisatorischen Maßnahmen getroffen hat. Diese Pflichten finden sich ebenso in Art. 24 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1. DSGVO.
- 29 Abs. 3, indem das Parlament es versäumt hat, die dem Auftragsverarbeiter erteilten Anweisungen für die Einrichtung und den Betrieb der Website zu dokumentieren. Diese Verpflichtung findet sich in der DSGVO in Art. 28 Abs. 3.
- 4 Abs. 1 lit. a und Art. 14, Art. 4 Abs. 2 und Art. 15 wegen Nichtbeachtung des Grundsatzes der Transparenz, der Rechenschaftspflicht und des Rechts der betroffenen Personen auf Information aufgrund von unzutreffenden Datenschutzinformationen und verwirrenden Cookie-Bannern auf der Website. Die korrespondierenden Pflichten in der DSGVO finden sich in Art. 5 Abs. 1 und 2 sowie in den Art. 12 und 13.
- 46 und Art. 48 Abs. 2 lit. b, da für die in die USA übermittelten personenbezogenen Daten kein angemessenes Schutzniveau gewährleistet wurde. Die vergleichbaren Bestimmungen in der DSGVO sind Art. 44 und Art. 46 Abs. 2 lit. c.
- 37 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG, da das Parlament es versäumt hat, die Informationen (die Cookies) zu schützen, die an die Endgeräte der Nutzer übermittelt, dort gespeichert, mit ihnen in Verbindung gebracht, von ihnen verarbeitet und von ihnen erhoben werden. Eine gleichwertige Verpflichtung zum Schutz der Privatsphäre bei Endeinrichtungen findet man in § 25 TTDSG.
- 17 und Art. 14 Abs. 4, da das Parlament es versäumt hat, den Auskunftsantrag der betroffenen Personen fristgerecht zu beantworten. Diese Verpflichtung ist vergleichbar mit Art. 15 und Art. 12 Abs. 4 der DSGVO.
Der EDSB hat aufgrund dieser Verstöße gegen die Verordnung (EU) 2018/1725 eine Unterlassungsanordnung ausgesprochen. Es wurde jedoch keine Geldstrafe verhängt. Zudem gab der EDSB dem Parlament einen Monat Zeit, um seine Datenschutzinformationen zu überarbeiten und die verbleibenden Transparenzprobleme zu lösen.
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Entscheidungen des EuGH zum immateriellen Schadensersatzanspruch und der Geeignetheit von technischen und organisatorischen Maßnahmen
Der EuGH hat am 14. Dezember 2023 zwei maßgebliche Entscheidungen getroffen, die zum einen die Anforderungen an die technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOMs) im Sinne von Art. 32 DSGVO und zum anderen die Anforderungen zur Geltendmachung von immateriellen Schadenersatzansprüchen gemäß Art. 82 DSGVO betreffen.
FAQ: Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Verhängung von Bußgeldern nach der DSGVO (C-807/21)
FAQ: Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Verhängung von Bußgeldern nach der DSGVO (C-807/21)
- Worum ging es (Kurzfassung)?
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 5.12.2023 (C-807/21) die Vorlagefragen des Kammergerichts Berlin (KG) in Bezug auf das im Oktober 2019 durch die Berliner Aufsichtsbehörde verhängte Bußgeld iHv. 14,5 Millionen Euro gegen die Deutsche Wohnen SE beantwortet
Europäischer Datenschutzausschuss: neue (strenge) Leitlinien zum technischen Anwendungsbereich der "Cookie-Vorgaben" (§ 25 TTDSG)
Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat am 15.11.2023 eine Leitlinie zum technischen Anwendungsbereich von Art. 5 (3) der Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation veröffentlicht. Die Leitlinie soll klarstellen, welche Trackingtechnologien von der ePrivacy-Richtlinie (ePrivacyRL) konkret erfasst und damit grundsätzlich einwilligungsbedürftig sind. In Deutschland wurden die Anforderungen der ePrivacyRL in § 25 TTDSG umgesetzt.
Entscheidung des EuGH zur FIN und generellen Aspekten des Personenbezugs
Die Folgen der Entscheidung des EuGH in der Rs. C‑319/22 vom 9. November 2023 werden sicherlich noch lange in der Datenschutz-Szene diskutiert. Es ist in jedem Fall jetzt schon klar, dass das Urteil in der Automobilbranche und daran angrenzende Sektoren aber auch allgemein im Bereich Datenschutz große Wellen schlagen wird. Doch scheint unklar zu sein, ob das auch gerechtfertigt ist oder im Wesentlichen dieselben Aspekte wie vor der Entscheidung bei der Klärung der Frage nach dem Vorliegen eines Personenbezugs zu beachten sind. In dem vom EuGH behandelten Fall wird jedenfalls erst durch das Landgericht Köln entschieden werden, ob für die Fahrzeughersteller und unabhängigen Wirtschaftsakteure die FIN ein personenbezogenes Datum ist. Im EuGH-Urteil selbst findet man die Antwort jedenfalls noch nicht direkt und eindeutig
EU Data Act verabschiedet – worauf müssen sich die Unternehmen einstellen?
Am 9. November 2023 hat das Europäische Parlament den Data Act final verabschiedet. Dieser soll den Zugang und die Nutzung von Daten erleichtern, die durch Nutzer bei Inanspruchnahme von Produkten und Diensten generiert werden und umfasst sämtliche Nutzerdaten - unabhängig vom etwaigen Personenbezug. Die Auswirkungen sind aus diesem Grund weitreichend und den Unternehmen werden viele Pflichten auferlegt, insbesondere was die Einrichtung von Zugangsmöglichkeiten zu Daten für die Kunden sowie deren Möglichkeit zur Weitergabe an Dritte angeht.
LDA Brandenburg: BSI-Vorgaben zur IT-Sicherheit als „Stand der Technik“ nach Art. 32 DSGVO
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg (LDA) hat am 10. November 2021 gegen einen Website-Betreiber eine Verwarnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO ausgesprochen. Grund für die Verwarnung war insbesondere die Bereitstellung einer Upload-Funktion für Bilder, die nicht ausreichend gesichert war und über die es Angreifern möglich gewesen war, eine Kundendatenbank auszulesen.
Die Behörde sah darin eine Verletzung der Art. 25 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 lit. b) DSGVO. Interessant an der Behördenentscheidung ist auch, dass diese einen Zusammenhang zwischen Art. 25 und Art. 32 DSGVO (Stand der Technik) und dem BSI-Grundschutz herstellt (hierzu sogleich mehr).