News

Österreichisches BVwG: Wechsel der Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung ist zulässig

Kann sich ein Verantwortlicher auf eine andere Rechtsgrundlage als Rechtfertigung für die Datenverarbeitung berufen, nachdem die zugrundeliegende Einwilligungserklärung von einer Behörde für ungültig erklärt wurde?

Nach der Entscheidung des Österreichischen Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 31. August 2021 (Az.: W256 2227693-1/10E) kann das zumindest nicht pauschal ausgeschlossen werden. Entgegen der Ansicht des Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) ging das Gericht davon aus, dass bei unzulässiger Einholung einer Einwilligung andere Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung zumindest in Betracht kommen und geprüft werden müssen.

Hintergrund der Entscheidung war ein Prüfverfahren der österreichischen Datenschutzaufsichtsbehörde gegen ein Unternehmen. Im Rahmen dieser Überprüfung beanstandete die Behörde, dass die vom Unternehmen eingeholte Einwilligung zu Profiling- und Marketingzwecken im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms (Sammeln von Treuepunkten) nicht den Anforderungen an eine Einwilligung gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO und Art 7 DSGVO entspricht und dass infolgedessen die darauf basierende Datenverarbeitung unzulässig sei. Gegen die deshalberlassene Untersagungsverfügung der Behörde hatte das betroffene Unternehmen Beschwerde beim BVwG eingelegt.

In der daraufhin ergangenen Entscheidung des BVwG ging das Gericht davon aus, dass zwar keine gültige Einwilligung durch den Verantwortlichen eingeholt wurde, die Behörde aber zu einer Prüfung möglicher alternativer Rechtsgrundlagen verpflichtet gewesen wäre. Nach Ansicht des Gerichtes sei ein Wechsel der Rechtsgrundlage nicht bereits aufgrund der Datenschutzgrundsätze ausgeschlossen. Auch käme es für die Prüfung der Rechtmäßigkeit nicht darauf an, ob die betroffene Person im Rahmen der Informationen nach Art. 13 DSGVO vollständig über die Rechtsgrundlage informiert wurde. Nach Ansicht des Gerichtes kann, wenn eine Einwilligung auf eine unzulässige Art und Weise eingeholt wurde, die Verarbeitung grundsätzlich weiterhin auf Grundlage berechtigter Interessen (Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO) erfolgen, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Vor allem bei der im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO durchzuführenden Interessenabwägung seien dann aber auch die berechtigten Erwartungen der betroffenen Person zu berücksichtigen. Ein möglicher Verstoß gegen die Informationspflichten aus Art. 13 DSGVO oder die Datenschutzgrundsätze aus Art. 5 DSGVO war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die Entscheidung ist vor allem deshalb interessant, da der EDSA und auch seine Vorgängerinstitution, die Art. 29-Datenschutzgruppe, durchgehend die Ansicht vertreten haben, dass wenn Probleme mit der Gültigkeit der Einwilligung auftreten, keine andere Rechtsgrundlage mehr in Betracht kommen soll (siehe hierzu Rn. 123 der Leitlinie des EDSA zum Thema Einwilligungen). Das Gericht scheint diesbezüglich die Ausführungen des EDSA aber nur unvollständig gelesen zu haben, da es behauptet, dass der EDSA bzw. die Art. 29-Datenschutzgruppe bislang nicht dazu Stellung bezogen hätten, ob im Falle einer ungültigen Einwilligung ein Rückgriff auf sonstige Erlaubnistatbestände möglich ist.

Gerade deswegen stellt das Urteil aber auch eine gute Argumentationshilfe für Verantwortliche im gerichtlichen oder aufsichtsbehördlichen Verfahren dar, wenn im Einzelfall die Einholung einer Einwilligung an den Vorgaben aus Art. 4 Nr. 11 DSGVO und Art. 7 DSGVO scheitern sollte. In diesen Fällen lässt sich unter Berufung auf die Ansicht des Gerichtes gut vertreten, dass eine Verarbeitung auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO trotz ungültiger Einwilligung rechtmäßig erfolgt sein könnte. Auch wenn dann in der Regel trotzdem ein Verstoß gegen Art. 13 DSGVO anzunehmen sein wird, kann aufgrund des Urteils des BVwG die Verarbeitung des Verantwortlichen im Einzelfall durch eine Aufsichtsbehörde nicht ohne weiteres vollständig untersagt werden.

Zurück

News

Weiterer Ausbau der Kompetenz im Bereich der Beratung im IT-Sicherheitsrecht

Im Rahmen unserer Beratungsstrategie bauen wir bei Piltz Legal kontinuierlich unsere Kompetenzen im Bereich IT-Sicherheitsrecht aus. Bei der Beratung unserer Mandanten ist es uns wichtig, nicht nur fachspezifisches rechtliches Know How zu liefern, sondern auch die Sprache der IT sprechen zu können.

Erneut Auszeichnung von der WirtschaftsWoche

Wir freuen uns, dass wir erneut durch die WirtschaftsWoche ausgezeichnet wurden.

Längere Speicherdauer für Daten bei Wahrnehmung der Aufgabe der internen Meldestelle durch Syndikusrechtsanwälte

Viele deutsche Unternehmen sind entweder schon jetzt oder spätestens ab Mitte Dezember 2023 dazu verpflichtet, eine interne Meldestelle für Hinweisgeber einzurichten. In einigen Fällen werden die Aufgaben der internen Meldestelle von Mitarbeitern aus der Rechtsabteilung wahrgenommen, die als Syndikusrechtsanwälte zugelassen sind. Geht bei einem solchen Unternehmen eine Hinweismeldung ein, so ist diese von den Syndikusrechtsanwälten der internen Meldestelle zu dokumentieren.

Generalanwalt am EuGH: Zur Geeignetheit von technisch organisatorischen Schutzmaßnahmen und dem Ersatz immateriellen Schadens bei einem Hackerangriff

Der Generalanwalt am EuGH hat am 27.4.2023 seine Schlussanträge im Verfahren C-340/21 über die Voraussetzungen des Ersatzes eines immateriellen Schadens und der Beweislast für die Geeignetheit von technisch organisatorischen Maßnahmen nach Art. 32 DSGVO (TOMs) im Zusammenhang mit einem Hackerangriff veröffentlicht. Das Verfahren weist einen für die Praxis wichtigen Bezug zu den Themen Datenschutz und IT Security auf, sodass die künftige Entscheidung des EuGH für die Umsetzung der TOMs durch den Verantwortlichen relevant sein wird.

Das EU-US Data Privacy Framework – neue Grundlage für den Datentransfer in die USA

Am 10. Juli 2023 hat die Europäische Kommission den Angemessenheitsbeschluss zum EU-U.S. Data Privacy Framework („DPF“) erlassen. Damit stellt die Kommission nach Art. 45 Abs. 1 DSGVO fest, dass die USA (genauer: jene Unternehmen, die sich dem Selbstzertifizierungsmechanismus des DPF unterwerfen und in der noch zu veröffentlichenden Liste genannt werden) ein angemessenes Schutzniveau bieten.

Cybersecurity-Beratung von Piltz Legal - Nun auch mit zertifiziertem IT-Sicherheitsbeauftragten

Aufgrund unserer digitalisierungsaffinen Beratungsstrategie haben wir bei Piltz Legal immer wieder viele Berührungspunkte mit technischen Fragestellungen und arbeiten mit Personen aus IT- und IT-Security-Abteilungen zusammen. Gerade im Kontext des IT- und IT-Sicherheitsrechts setzt die Beratung deshalb voraus, dass man im Zweifel „die Sprache“ auch der IT-Mitarbeiter nicht nur versteht, sondern auch spricht. Die ist unser Anspruch und Teil unserer Beratung.