News

Neue Zweifel an der Wirksamkeit des EU-U.S. Data Privacy Framework

Der LIBE-Ausschuss vom Europäischen Parlament hat am 6. Februar 2025 die Kommission darauf hingewiesen, dass das unter dem EU-U.S. Data Privacy Framework („DPF“) geschaffene Privacy and Civil Liberties Board nur noch mit einer Person besetzt ist (siehe dazu auch den Artikel bei Bloomberg). Die anderen Board-Mitglieder wurden von der Exekutive in den USA abberufen. Der Ausschuss bittet die Kommission eine dokumentierte Prüfung zur Verfügung zu stellen, die sich mit den Auswirkungen dieser Änderung befasst. Das ist nachvollziehbar, weil eigentlich ein wirksamer und Art. 47 der Charta der Grundrechte der EU entsprechender Rechtsbehelf notwendig ist, um von einer Angemessenheit des Schutzniveaus auszugehen. Im folgenden Abschnitt beantworten wir Fragen, die sich Unternehmen aus der EU jetzt vermehrt stellen werden.

Wieso ist die Wirksamkeit des DPF gefährdet?

Der Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission zum DPF gilt so lange, bis er von der Kommission zurückgenommen oder ausgesetzt oder durch den EuGH aufgehoben wird. Soweit die USA von den im Zusammenhang mit dem DPF vereinbarten Garantien abweichen, ist davon auszugehen, dass sich dies negativ auf das Datenschutzniveau in den USA auswirkt. Das Privacy and Civil Liberties Board muss u.a. die Anforderungen aus Art. 47 der Charta der Grundrechte der EU erfüllen. Wenn das Board nur noch mit einer Person besetzt ist und übrige Personen von der Exekutive ohne objektiv nachvollziehbare Gründe abberufen werden können, dann entstehen dadurch berechtigte Zweifel an der Angemessenheit.

Hat sich die Europäische Kommission schon geäußert?

Nein, soweit ersichtlich gab es bislang keine Reaktion der Kommission. Sofern das Board jedoch nur mit einer Person besetzt bleibt, ist es wohl wahrscheinlich, dass die Kommission sich zumindest ebenfalls kritisch äußern wird. Ggf. wird auch eine Nachprüfung der Angemessenheit zeitnah offiziell angekündigt.

Wer könnte den DPF-Beschluss aufheben?

Die Datenschutzaufsichtsbehörden können sich zwar kritisch zum Fortbestand des DPF äußern. Nur der EuGH kann den Beschluss jedoch für unwirksam erklären. Auf ein EuGH-Urteil zum DPF müsste die Fachwelt wohl aber noch eine Weile warten. Fernab dessen ist es möglich, dass die Europäische Kommission selbst den Beschluss zurücknimmt, aussetzt oder ändert. Gemäß Art. 45 Abs. 4 DSGVO muss die Kommission fortlaufend prüfen, ob Entwicklungen im Drittland Zweifel an der vorher beschlossenen Angemessenheit aufkommen lassen. Nach Art. 45 Abs. 5 DSGVO ist die Kommission sogar dazu verpflichtet, einen Angemessenheitsbeschluss zu widerrufen, zu ändern oder auszusetzen, wenn die Angemessenheit nicht mehr gewährleistet ist. Welche der drei Optionen angewendet werden muss, hängt davon ab, welche Maßnahme unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips am geeigneten ist. Es ist durchaus denkbar, dass die Kommission den Beschluss zuerst aussetzen und nicht direkt widerrufen wird. Eine Änderung des Beschlusses scheint hingegen am unwahrscheinlichsten zu sein, weil die unzureichende Besetzung des Privacy and Civil Liberties Board alle zertifizierten Unternehmen gleichermaßen betreffen würde.  

Wie lange könnte es dauern bis der Beschluss nicht mehr gültig ist?

Das ist schwer vorherzusagen. Es kommt vor allem darauf an, wie schnell die Kommission nun agiert und ob noch Änderungen bei der Besetzung des Boards für die USA denkbar sind. Es ist auch relevant, ob das Privacy and Civil Liberties Board nach dem Willen der US-Regierung langfristig nur mit einer Person besetzt sein oder nicht mehr existieren soll.

Was sollten Unternehmen aus der EU jetzt machen?

Wenn der Angemessenheitsbeschluss von der Kommission widerrufen oder ausgesetzt werden sollte, können sich Unternehmen aus der EU nicht mehr auf das DPF als Transfermechanismus berufen. Damit Datenübermittlungen in die USA danach noch möglich sind, sollten jetzt schon Standarddatenschutzklauseln als Backup mit vereinbart werden. Diese Klauseln sollten so in vertragliche Abreden integriert sein, dass sie nur dann greifen und als vereinbart gelten, wenn der Angemessenheitsbeschluss widerrufen oder ausgesetzt wurde. Das hält auch das BayLDA in seinem Tätigkeitsbericht für 2023 (hier auf S. 69 und 70) für möglich: „So spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, parallel zu einer auf den EU-U.S. DPF gestützten Übermittlung vorsorglich Standarddatenschutzklauseln abzuschließen, wobei die Klauseln als Übermittlungsinstrument allerdings lediglich unter der Bedingung wirksam sein sollen, dass der Angemessenheitsbeschluss aufgehoben wird.“ Es ist auch ratsam, die Unanwendbarkeit der Standarddatenschutzklauseln für den Fall zu regeln, dass ein Angemessenheitsbeschluss einmal nachgelagert wieder relevant ist (bspw. erst Aussetzung durch die Kommission und nachgelagert wieder greifende Gültigkeit) oder ein neuer Beschluss verabschiedet wird.

Welche Rolle spielen technische, organisatorische und vertragliche Maßnahmen, wenn der Angemessenheitsbeschluss nicht mehr gelten sollte?

Im Grunde ist die Ausgangslage dann dieselbe wie nach Schrems II und vor dem DPF-Beschluss. Unternehmen sollten evaluieren, ob sie Datenübermittlungen in die USA vermeiden können. Wenn eine Datenübermittlung in die USA aus Sicht eines Unternehmens jedoch unvermeidbar ist, dann müssen technische, organisatorische und vertragliche Maßnahmen ergriffen werden, um das Schutzniveau zu erhöhen. Hierbei werden besonders starke Verschlüsselungsmöglichkeiten und eine für den Empfänger in den USA unumkehrbare Pseudonymisierung wieder eine zentrale Rolle spielen. Je nach Einzelfall können auch Lösungen für das confidential computing einen Unterschied machen. Bei Microsoft 365 spielt die Data Boundary eine Rolle für die Vermeidung von Datenübermittlungen in die USA. Die Anwendbarkeit der Data Boundary wurde erst kürzlich in der neuen Version der Auftragsverarbeitungsvereinbarung von Microsoft auf weitere Datenverarbeitungen ausgeweitet.

Wirtschaftsjurist, Counsel
Philipp Quiel, LL.M.
Wirtschaftsjurist, Counsel
Philipp Quiel, LL.M.

Zurück

News

Piltz Legal Update am 25.11.2022 - "AVV-Prüfung und -Verhandlung in der Praxis" - online

Am 25.11.2022 findet unsere zweite Veranstaltung der "Piltz Legal Update" Seminarreihe online statt.

Dieses Mal sprechen Dr. Carlo Piltz und Philipp Quiel über das Thema: "AVV-Prüfung und -Verhandlung in der Praxis". Sie geben Einblicke, klären über typische Probleme auf und geben ausgewählte Lösungsvorschläge.

 

Der FOCUS zeichnet Piltz Legal als eine der TOP - Wirtschaftschaftskanzleien aus

Im aktuellen Heft des FOCUS wurde Piltz Legal als eine der TOP-Wirtschaftkanzleien 2022 im Bereich Datenschutz ausgezeichnet.

Wirtschaftswoche vergibt Auszeichnung an Piltz Legal in der Kategorie "Top Kanzlei Datenschutzrecht"

Wir freuen uns sehr, dass Dr. Carlo Piltz und sein Team von der Wirtschaftswoche in der Kategorie "Top Kanzlei für Datenschutzrecht" ausgezeichnet wurden.

Wir bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen und freuen uns sehr über diese Anerkennung. Dieses Feedback ist für uns weiterer Ansporn, mit fachspezifischer Expertise unsere Mandanten zu unterstützen.

Digital Operation Resilience Act – Überblick zu den neuen Regelungen der digitalen Betriebsstabilität von EU-Finanzunternehmen

Am 24. September 2020 wurde der Entwurf einer EU-Verordnung über die Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors (Digital Operation Resilience Act, „DORA“) veröffentlicht. Der Vorschlag ist Teil des Pakets zur Digitalisierung des Finanzsektors und in den kommenden Jahren sind noch weitere (vor allem die Finanzdienstleister betreffende) neue Verordnungen und Richtlinien zu erwarten.

Zwingende Umstellung auf die neuen EU-Standardvertragsklauseln – „SCC-Umstellung – Piltz Legal Support Paket“

Ende Dezember 2022 ist es so weit. Noch bestehende „alte“ EU-Standardvertragsklauseln („SCC“) müssen durch neue Verträge ersetzt werden. Für Unternehmen beinhaltet diese verpflichtende Umstellung auf die neuen SCC auch neue Pflichten. So wird ein Transfer Impact Assessment gemäß Klausel 14 der SCC („TIA“) verpflichtend und es müssen in manchen Fällen technische und organisatorische Maßnahmen zur Sicherung des angemessenen Schutzniveaus getroffen werden. Wenn EU-Unternehmen nicht selbst die SCC abschließen, dann müssen sie sich vergewissern, dass ihr in der EU ansässige Dienstleister mit in Drittländern ansässigen Subunternehmern die SCC in Modul 3 abgeschlossen haben. Egal ob man selbst die SCC abschließt oder sich vergewissert, dass der Dienstleister SCC im Modul 3 abgeschlossen hat, die Umstellung auf die neuen SCC erfordert einen Austausch mit den Dienstleistern. Bei Bedarf können wir Sie mit dem Piltz Legal Support Paket dabei unterstützen.

Seminarreihe „Piltz Legal Update“ startet

Am 09.09.2022 findet die erste „Piltz Legal Update“ Veranstaltung unter dem Thema „Tracking, Cookies, Advertising – § 25 TTDSG im Fokus“ statt. Dr. Carlo Piltz und Dr. Nina Elisabeth Herbort geben aktuelle Einblicke.

Schnell sein lohnt sich, denn die Teilnehmerzahl ist begrenzt.