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Meldepflichten nach dem geplanten BSIG (Umsetzung NIS-2)

Als Umsetzung des Art. 23 Abs. 4 S. 1 NIS-2-Richtlinie finden sich in § 32 des Entwurfs zum Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und über die Sicherheit in der Informationstechnik von Einrichtungen (BSIG-E) Ausführungen zu Meldepflichten für besonders wichtige Einrichtungen sowie wichtige Einrichtungen. Das BSIG-E ist Teil des Entwurfs zum Gesetz zur Umsetzung der NIS-2-Richtlinie und zur Regelung wesentlicher Grundzüge des Informationssicherheitsmanagements in der Bundesverwaltung.

Diese Meldeverpflichtungen im Rahmen des BSIG-E gelten ausschließlich für besonders wichtige bzw. wichtige Einrichtungen. Welche Einrichtungen hiervon erfasst sind, wird in § 28 BSIG-E ausgeführt. Demnach sind als besonders wichtige Einrichtungen zu klassifizieren:

  • Betreiber kritischer Anlagen (z.B. Krankenhäuser, Banken, Transport- und Verkehrsunternehmen),
  • qualifizierte Vertrauensdiensteanbieter, Top Level Domain Name Registries- oder DNS-Diensteanbieter,
  • Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, die mindestens 50 Mitarbeiter beschäftigen oder einen Jahresumsatz und eine Jahresbilanzsumme von jeweils über 10 Mio. Euro aufweisen,
  • sonstige Unternehmen, die einer der in Anlage 1 des Entwurfs bestimmten Einrichtungsarten zuzuordnen sind (z.B. Fluggesellschaften, Betreiber von Trinkwasserversorgungsanlagen) und die mindestens 250 Mitarbeiter beschäftigen oder einen Jahresumsatz von über 50 Mio. Euro und zudem eine Jahresbilanzsumme von über 43 Mio. Euro aufweisen.

Demgegenüber sind den wichtigen Einrichtungen folgende Institutionen zugeordnet:

  • Vertrauensdiensteanbieter (z.B. Dienstleister, der elektronische Signaturen überprüft und validiert),
  • Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, die weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz und eine Jahresbilanzsumme von jeweils 10 Mio. Euro oder weniger aufweisen,
  • Unternehmen, die einer der in Anlagen 1 und 2 des Entwurfs bestimmten Einrichtungsarten zuzuordnen sind (z.B. Postdienstleister, Forschungseinrichtungen) und die mindestens 50 Mitarbeiter beschäftigen oder einen Jahresumsatz und eine Jahresbilanzsumme von jeweils 10 Mio. Euro aufweisen.

Die Meldeverpflichtung nach § 32 BSIG-E fordert ein dreistufiges Meldepflichtmodell, sobald ein erheblicher Sicherheitsvorfall vorliegt. Ein Sicherheitsvorfall ist nach § 2 Nr. 40 BSIG-E „ein Ereignis, das die Verfügbarkeit, Integrität oder Vertraulichkeit gespeicherter, übermittelter oder verarbeiteter Daten oder der Dienste, die über informationstechnische Systeme, Komponenten und Prozesse angeboten werden oder zugänglich sind, beeinträchtigt“. Die „Erheblichkeit“ des Sicherheitsvorfalls ergibt sich nach § 2 Nr. 11 BSIG-E aus einer schwerwiegenden Betriebsstörung der Dienste bzw. finanziellen Verlusten für die betreffende Einrichtung oder Beeinträchtigungen (materielle oder immaterielle Schäden) anderer natürlicher oder juristischer Personen.

Soweit ein solcher erheblicher Sicherheitsvorfall festgestellt wird,

  1. hat zunächst eine Frühwarnung zu erfolgen, die unverzüglich, maximal innerhalb von 24 Stunden ab Kenntniserlangung des erheblichen Sicherheitsvorfalles, geschehen muss. Es sollte hierbei angegeben werden, ob eine rechtswidrige oder böswillige Handlung oder grenzüberschreitende Auswirkungen vorliegen können.
  2. Eine weitere Meldung des Sicherheitsvorfalles hat unverzüglich, maximal innerhalb von 72 Stunden ab Kenntniserlangung von einem erheblichen Sicherheitsvorfall, inklusive einer ersten Bewertung des Sicherheitsvorfalles, stattzufinden.
  3. Spätestens einen Monat nach Kenntniserlangung von dem Sicherheitsvorfall ist ein detaillierter Abschlussbericht zu fertigen. Alternativ ist eine Fortschrittsmeldung zu erteilen, falls der Vorfall nach einem Monat noch andauert. Eine Abschlussmeldung erfolgt in dieser Situation nach Abschluss der Bearbeitung des Vorfalls.

Darüberhinausgehend sind Zwischenmeldungen auf Nachfrage des Bundesamts für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu erteilen. Betreiber kritischer Anlagen müssen zusätzlich die Anlagen, kritische Dienstleistungen und Auswirkungen melden.

Das eine Meldepflicht fristauslösende Momentum der „Kenntniserlangung“ bezieht sich auf den Zeitpunkt, in dem ein Mitarbeiter der jeweiligen Einrichtung innerhalb seiner Arbeitszeit Kenntnis von einem erheblichen Sicherheitsvorfall erlangt. Relevant ist, dass jeder Mitarbeiter den Vorfall feststellen kann und nicht etwa die Kenntnisnahme einer Fachabteilung für das Eingreifen der Meldeverpflichtung notwendig ist.

Adressat der Meldungen wird zudem voraussichtlich eine vom BSI und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe eingerichtete Meldestelle sein, gem. § 32 Abs. 1 BSIG-E.

Meldeverpflichtung nach der DSGVO

Die DSGVO fordert im Unterschied zu den Meldepflichten des BSIG-E nach Art. 33 DSGVO eine Meldung möglichst binnen 72 Stunden, nachdem die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten (z.B. bei einem Datenschutzvorfall infolge eines Hacker-Angriffs) dem Verantwortlichen bekannt geworden ist und ein Risiko für Betroffene nicht ausgeschlossen werden kann. In dieser Meldung sind unter anderem eine Beschreibung der Art der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten, eine Beschreibung der Folgen sowie die ergriffenen Maßnahmen anzugeben. Ein verpflichtend vorgegebenes, abgestuftes Meldepflichtmodell wie im BSIG-E ist mithin in der DSGVO nicht vorgesehen.

Die Zurechnung der Kenntnis des Vorfalls bemisst sich hierbei an den allgemeinen Grundsätzen der Wissenszurechnung in Organisationseinheiten. Das bedeutet, dass dem Verantwortlichen das Wissen des zuständigen Mitarbeiters bzw. demjenigen, von dem dies aufgrund seiner Stellung im Unternehmen erwartet werden kann, als Wissensvertreter zuzurechnen ist.

Die Meldungen nach der DSGVO sind an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit bzw. die jeweiligen Landesbeauftragten zu richten.

Fazit

Wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen und Verpflichtungen, die aus den Meldepflichten resultieren, wird es in der Praxis relevant sein, bei der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten die Meldemodelle nach beiden Gesetzen zu beachten. Bereits jetzt scheint es daher empfehlenswert, Prozesse zu etablieren, die auch das dreistufige Meldemodell des BSIG-E im Unternehmen berücksichtigen, sodass im Zweifel gerade die kurze Meldefrist von 24 Stunden Beachtung findet und die die jeweils zuständigen Adressaten benachrichtigt werden.

Rechtsanwältin, Associate
Sandra Häntschel
Rechtsanwältin, Associate
Sandra Häntschel

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LDA Brandenburg: BSI-Vorgaben zur IT-Sicherheit als „Stand der Technik“ nach Art. 32 DSGVO

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EuGH hat wieder zum Auskunftsanspruch entschieden – Zusammenfassung des Urteils in der Rs. C-307/22 vom 26. Oktober 2023

Während das Urteil in der Rs. C‑307/22 sich zwar mit dem speziellen Arzt-Patienten-Verhältnis beschäftigt, sind darin dennoch auch zahlreiche Aussagen enthalten, die allgemein für Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch Unternehmen relevant sind. Das Urteil wird bereits munter in der Datenschutz-Szene diskutiert. Das ist auch deshalb verständlich, weil der EuGH einige hoch umstrittene Aspekte zum besonders praxisrelevanten Betroffenenrecht geklärt hat. In diesem Newsbeitrag finden Sie eine Zusammenfassung der aus unserer Sicht relevantesten Aussagen in der Entscheidung des EuGH sowie eine kurze Einschätzung zu den Folgen für die Praxis.

Der FOCUS zeichnet Piltz Legal erneut als eine der TOP - Wirtschaftschaftskanzleien aus

Im aktuellen Heft des FOCUS wurde Piltz Legal wieder als eine der TOP-Wirtschaftkanzleien 2023 im Bereich Datenschutz ausgezeichnet.

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Der am 16. November 2022 in Kraft getretene Digital Services Act (Verordnung (EU) 2022/2065, „DSA“) wird ab dem 17. Februar 2024 vollständig gelten. Einige Pflichten, wie die Angabe der monatlichen Zahl der aktiven Nutzer durch Online-Plattformen, gelten bereits seit dem Inkrafttreten.

Der kommende EU Digital Services Act – Pflicht zu Melde- und Abhilfeverfahren für Hosting-Dienste

Der vollständige Geltungsbeginn des Digital Services Act (DSA) am 17. Februar 2024 rückt stetig näher. Und mit ihm auch die Verpflichtung zahlreicher Unternehmen. Wichtig: der DSA gilt, anders als oft öffentlich wahrgenommen, nicht nur für die „Großen“. Nachfolgend wird deshalb die Pflicht von Hostingdiensteanbietern vorgestellt, die ein Melde- und Abhilfeverfahren nach dem DSA implementieren müssen.

Wichtige Änderungen des TTDSG durch das deutsche DSA-Umsetzungsgesetz in Sicht

Der (vollständige) Geltungsbeginn des Digital Services Act (DSA), der teilweise auch als „Grundgesetz des Internets“ bezeichnet wird, rückt näher. Erste Vorschriften der europäischen Verordnung gelten bereits jetzt, wozu u. a. die Verpflichtung von Anbietern für Online-Plattformen und -Suchmaschinen zur Nennung ihrer durchschnittlichen monatlichen Nutzeranzahl in der EU gehört. Nähere Informationen zum DSA und dessen Inhalt können auch unserer EU-Digitalgesetzgebungsübersicht entnehmen werden.