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Gesetz für faire Verbraucherverträge – Wichtige Änderungen und Handlungsbedarf für Unternehmen

Gesetz für faire Verbraucherverträge – Wichtige Änderungen und Handlungsbedarf für Unternehmen

Das „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ ist seit dem 1. Oktober 2021 zu großen Teilen in Kraft. Durch die Änderung der entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wird die Kündigung von Langzeitverträgen für Verbraucher erleichtert, das AGB-Recht verschärft und die Dokumentationspflichten für die Einwilligung bei Telefonwerbung erweitert. Da die Neuregelungen stufenweise in Kraft traten, gelten aktuell bereits neue Vorgaben für die Verwendung von AGB sowie die erweiterten Dokumentationspflichten für die Einwilligung in die Telefonwerbung. Ab dem 1. Juli 2022 gelten darüber hinaus die neuen Regeln für die Kündigung von Verbraucherverträgen, die über eine Website geschlossen wurden.

AGB-Neuregelung

Verbraucherverträge mit einer längeren Laufzeit (wie z.B. für das Fitnessstudio oder die Streamingdienste) stehen im Mittelpunkt der Regelung. Um den unerwünschten Verlängerungen von Verträgen nach Ablauf der Mindestlaufzeit entgegenzuwirken, wurde durch die Anpassung von § 309 Nr. 9 BGB die Kündigungsfrist von derzeit drei Monaten auf einen Monat verkürzt.

Stillschweigende Vertragsverlängerungen von drei Monaten bis zu einem Jahr sind nur nach Hinweis auf die ablaufende Vertragslaufzeit möglich. Verbraucher müssen zwei bis vier Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit darauf aufmerksam gemacht werden, wann die Vertragslaufzeit endet, bis zu welchem Datum die Kündigung möglich ist und auf welche Zeit der Vertrag verlängert wird, falls vom Kündigungsrecht kein Gebrauch gemacht wird. Stillschweigende Verlängerungen um mehr als ein Jahr sind ganz ausgeschlossen.

Eine weitere Anpassung des AGB-Rechts enthält das Verbot von Abtretungsausschlüssen (§ 308 Nr. 9 BGB n. F.). Klauseln, die dem Verbraucher verbieten, eigene Ansprüche gegen das Unternehmen an Dritte abzutreten, können unter Umständen unwirksam sein. Betroffen sind vor allem auf Geld gerichtete Ansprüche (§ 308 Nr. 9 lit. a BGB n. F.). Wenn beim Unternehmer ein schützenswertes Interesse nicht besteht oder das berechtigte Interesse des Verbrauchers überwiegt, gilt die Regelung auch für andere Rechte (§ 308 Nr. 9 lit. b BGB n. F.).

Kündigungsbutton für online abgeschlossene Verträge

Verträge, die über eine Website abgeschlossen werden und ein Dauerschuldverhältnis begründen, müssen nach der Neuregelung einfacher gekündigt werden können. Unternehmer müssen nach der Neuregelung der Norm eine unmittelbar und leicht zugängliche „Kündigungsschaltfläche“ (Kündigungsbutton) einrichten, die gut lesbar und eindeutig formuliert auf die Kündigungsmöglichkeit hinweist (§ 312k Abs. 1, 2 BGB n. F.). Nach Abgabe der Kündigungserklärung über diese Schaltfläche bekommt man zukünftig sofort eine Kündigungsbestätigung in elektronischer Textform. Wichtig: Fehlt diese Funktion auf der Website, können die Verbraucher ihre Verträge jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist kündigen.

Telefonwerbung

Durch die Gesetzesänderungen wurden zudem die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Telefonwerbung formell angepasst. So wird für die Dokumentation der Einwilligung in die Werbung eine angemessene Form vorgeschrieben (§ 7a Abs. 1 UWG n. F.). Die „angemessene Form“ wird nicht näher definiert und hängt von der Art der Einwilligung ab. In der Gesetzesbegründung (S. 31) wird als Beispiel für die mündliche Einwilligung die Dokumentation mittels einer Tonaufzeichnung vorgeschlagen. Die Aufbewahrungsfrist für die Dokumentation von Einwilligungen wurde ebenfalls neu geregelt und beträgt nun fünf Jahre ab Erteilung der Einwilligung. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nach jeder Verwendung der Einwilligung die Frist neu zu laufen beginnt.

Handlungsbedarf für Unternehmen

Die Neuregelung bedeutet, dass einige bisher verwendete AGB-Klauseln in Zukunft unwirksam sein könnten. Die bisher verwendeten AGB müssen (falls noch nicht geschehen) im Hinblick auf die neuen Klauselverbote überprüft und ggf. angepasst werden. Bei Telefonwerbung sind in erster Linie die neugestalteten Aufbewahrungsfristen für Einwilligung zu beachten, da beim Verstoß spürbare (bis zu 50.000 EUR, § 20 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 UWG n. F.) Bußgelder drohen. Hier müssen Unternehmen ihre internen Prozesse der Dokumentation prüfen und ggfs. anpassen. Wir empfehlen zudem auch eine zeitnahe Implementierung eines Kündigungsbuttons, um in der Zukunft das Risiko von fristlosen Kündigungen durch Verbraucher zu vermeiden.

Rechtsanwalt, Partner
Dr. Carlo Piltz
Rechtsanwalt, Partner
Dr. Carlo Piltz

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LDA Brandenburg: BSI-Vorgaben zur IT-Sicherheit als „Stand der Technik“ nach Art. 32 DSGVO

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg (LDA) hat am 10. November 2021 gegen einen Website-Betreiber eine Verwarnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO ausgesprochen. Grund für die Verwarnung war insbesondere die Bereitstellung einer Upload-Funktion für Bilder, die nicht ausreichend gesichert war und über die es Angreifern möglich gewesen war, eine Kundendatenbank auszulesen.

Die Behörde sah darin eine Verletzung der Art. 25 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 lit. b) DSGVO. Interessant an der Behördenentscheidung ist auch, dass diese einen Zusammenhang zwischen Art. 25 und Art. 32 DSGVO (Stand der Technik) und dem BSI-Grundschutz herstellt (hierzu sogleich mehr).

EuGH hat wieder zum Auskunftsanspruch entschieden – Zusammenfassung des Urteils in der Rs. C-307/22 vom 26. Oktober 2023

Während das Urteil in der Rs. C‑307/22 sich zwar mit dem speziellen Arzt-Patienten-Verhältnis beschäftigt, sind darin dennoch auch zahlreiche Aussagen enthalten, die allgemein für Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch Unternehmen relevant sind. Das Urteil wird bereits munter in der Datenschutz-Szene diskutiert. Das ist auch deshalb verständlich, weil der EuGH einige hoch umstrittene Aspekte zum besonders praxisrelevanten Betroffenenrecht geklärt hat. In diesem Newsbeitrag finden Sie eine Zusammenfassung der aus unserer Sicht relevantesten Aussagen in der Entscheidung des EuGH sowie eine kurze Einschätzung zu den Folgen für die Praxis.

Der FOCUS zeichnet Piltz Legal erneut als eine der TOP - Wirtschaftschaftskanzleien aus

Im aktuellen Heft des FOCUS wurde Piltz Legal wieder als eine der TOP-Wirtschaftkanzleien 2023 im Bereich Datenschutz ausgezeichnet.

Der Digital Services Act – Überblick zu den einzelnen Adressaten und deren Pflichten

Der am 16. November 2022 in Kraft getretene Digital Services Act (Verordnung (EU) 2022/2065, „DSA“) wird ab dem 17. Februar 2024 vollständig gelten. Einige Pflichten, wie die Angabe der monatlichen Zahl der aktiven Nutzer durch Online-Plattformen, gelten bereits seit dem Inkrafttreten.

Der kommende EU Digital Services Act – Pflicht zu Melde- und Abhilfeverfahren für Hosting-Dienste

Der vollständige Geltungsbeginn des Digital Services Act (DSA) am 17. Februar 2024 rückt stetig näher. Und mit ihm auch die Verpflichtung zahlreicher Unternehmen. Wichtig: der DSA gilt, anders als oft öffentlich wahrgenommen, nicht nur für die „Großen“. Nachfolgend wird deshalb die Pflicht von Hostingdiensteanbietern vorgestellt, die ein Melde- und Abhilfeverfahren nach dem DSA implementieren müssen.

Wichtige Änderungen des TTDSG durch das deutsche DSA-Umsetzungsgesetz in Sicht

Der (vollständige) Geltungsbeginn des Digital Services Act (DSA), der teilweise auch als „Grundgesetz des Internets“ bezeichnet wird, rückt näher. Erste Vorschriften der europäischen Verordnung gelten bereits jetzt, wozu u. a. die Verpflichtung von Anbietern für Online-Plattformen und -Suchmaschinen zur Nennung ihrer durchschnittlichen monatlichen Nutzeranzahl in der EU gehört. Nähere Informationen zum DSA und dessen Inhalt können auch unserer EU-Digitalgesetzgebungsübersicht entnehmen werden.