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Der Digital Services Act – Überblick zu den einzelnen Adressaten und deren Pflichten

Der am 16. November 2022 in Kraft getretene Digital Services Act (Verordnung (EU) 2022/2065, „DSA“) wird ab dem 17. Februar 2024 vollständig gelten. Einige Pflichten, wie die Angabe der monatlichen Zahl der aktiven Nutzer durch Online-Plattformen, gelten bereits seit dem Inkrafttreten.

Anders als es in der Öffentlichkeit häufig wahrgenommen wird, gilt der DSA gerade nicht nur für die sehr großen Onlineplattformen (Very Large Online Platforms and Search Engines sog. „VLOPs“), wie beispielsweise durch die EU-Kommission festgelegt aktuell Zalando oder Amazon.

Vielmehr adressiert der DSA verschiedene Arten von Vermittlungsdiensten, sodass er für eine Vielzahl von Plattformen gilt und für diese gewisse Rumpfpflichten vorsieht.

Wer fällt unter den DSA und welche Pflichten gelten für die Adressaten?

Nachfolgend haben wir die Adressaten und deren wichtigsten Pflichten nach dem DSA überblicksartig zusammengefasst.

  1. Vermittlungsdienste

Nach Art. 3 lit. g) DSA weist ein Vermittlungsdienst folgende Merkmale auf:

  • Dienst der Informationsgesellschaft in Form der „reinen Durchleitung“, einer „Caching-Leistung“ oder eines „Hosting-Dienstes“.
  • Ein Dienst der Informationsgesellschaft ist gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b) Richtlinie (EU) 2015/1535 eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung im Fernabsatz unter Verwendung von elektronischen Verarbeitungs- bzw. Speichergeräten, die auf individuellen Abruf durch einen Nutzer erfolgt (Verteildienste, wie z.B. E-Mail-Newsletter oder Bereitstellung von RSS-Feeds, fallen nicht darunter).

Wichtigste Pflichten für Vermittlungsdienste

Für alle Vermittlungsdienste gelten gemäß Art. 11 ff. DSA u.a. folgende Pflichten nach dem DSA:

  • Einrichtung einer Kontaktstelle für Behörden und Nutzer,
  • Anpassung der AGB (Angaben zu Leitlinien, Verfahren, Maßnahmen und Werkzeugen zur Moderation von Inhalten),
  • Jährliche Veröffentlichung von Transparenzberichten in einem maschinenlesbaren Format.

 

  1. Hosting-Anbieter

Gemäß Art. 3 lit. g) iii) DSA wird ein Hosting-Anbieter wie folgt definiert:

  • Ein Dienst, der von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag speichert (z.B. Cloud-Computing-Dienste, Web-Hosting, soziale Netzwerke, Bewertungsportale, Auktionsplattformen).

Wichtigste Pflichten für Hosting-Anbieter

Neben den bereits genannten Pflichten für alle Vermittlungsdienste müssen Hosting-Anbieter gemäß Art. 16 ff. DSA u.a. folgende Pflichten nach dem DSA erfüllen:

  • Implementierung eines Notice- and Takedown-Verfahrens für rechtswidrige Inhalte.
  • Begründung etwaiger Beschränkungen von Inhalten gegenüber betroffenen Nutzern.
  • Meldung bei Verdacht von Straftaten bei den zuständigen Behörden.

 

  1. Online-Plattform

Eine Online-Plattform weist nach Art. 3 lit. i) DSA folgende Merkmale auf:

  • Hosting-Dienst (Dienst, der vom Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag speichert),
  • speichert Informationen eines Nutzers (= jede natürliche / juristische Person, die den Dienst zur Erlangung oder Zugänglichmachung von Informationen in Anspruch nimmt),
  • verbreitet diese Information öffentlich,
  • im Auftrag des Nutzers,
  • bei der Tätigkeit handelt es sich nicht bloß um eine unbedeutende Nebenfunktion eines Dienstes (z.B. Kommentarbereich einer Online-Zeitung ist eine bloße Nebenfunktion).
  • Beispiel: Soziale Netzwerke oder Online-Marktplätze (B2C oder B2B, wie z.B. eBay, da diese Portale jeweils Informationen im Auftrag eines Nutzers für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und dies eine Hauptfunktion darstellt.

Wichtige Pflichten für Online-Plattformen

Sämtliche Online-Plattformen müssen neben den bereits genannten Verpflichtungen zusätzlich gemäß Art. 20 ff. DSA insbesondere noch folgende Pflichten erfüllen:

  • Einrichtung eines internen Beschwerdemanagements.
  • Information der Nutzer bzgl. der Möglichkeit der Konsultierung einer zertifizierten außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle.
  • Implementierung technischer und organisatorischer Maßnahmen, damit Meldungen von vertrauenswürdigen Hinweisgebern vorrangig behandelt und unverzüglich bearbeitet werden.
  • Nutzer, die häufig und offensichtlich rechtswidrige Inhalte bereitstellen, sind von den Diensten auszuschließen.
  • Die oben genannten Transparenzpflichten sind, um weitere Informationen zu ergänzen.
  • Anbieter von Online-Plattformen oder -Suchmaschinen müssen bereits jetzt alle sechs Monate Informationen über die durchschnittliche monatliche Nutzerzahl veröffentlichen.
  • Verbot von Dark-Patterns.
  • Transparente Kennzeichnung jeder einzelnen Werbung auf der Plattform.
  • Angaben zur Verwendung von Empfehlungssystemen und Darlegung der wichtigsten Parameter hierfür in den AGB.
  • Online-Schutzmaßnahmen für Minderjährige.

Eine Ausnahme gilt für Kleinst- oder Kleinunternehmen (Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz / -bilanz von bis zu 10 Mio. EUR). Im Hinblick auf diese Unternehmen sind die Pflichten für Anbieter von Online-Plattformen (Art. 20 ff. DSA) nicht anwendbar.

Wichtige Pflichten für Online-Handelsplattformen

Der DSA sieht gemäß Art. 30 ff. DSA erweiterte Pflichten für sogenannte Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, vor.

Neben den bereits genannten Pflichten enthält der DSA für diese Online-Handelsplattformen weitere Vorgaben:

  • Einholung von Informationen bei den Händlern zur Identitätsfeststellung und Nachverfolgung.
  • Konzeption und Organisation der Plattform dergestalt, dass Unternehmer ihren Verpflichtungen auf vorvertragliche Informationen, Konformität und Produktsicherheitsinformationen nach geltendem Unionsrecht nachkommen können.
  • Stichprobenartige Kontrolle der angebotenen Produkte und Dienstleistungen.
  • Informationspflicht gegenüber Verbrauchern bei rechtswidrigen Produkten und Dienstleistungen.

Eine Ausnahme gilt gemäß Art. 29 Abs. 1 DSA für Kleinst- oder Kleinunternehmen (Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz / -bilanz von bis zu 10 Mio. EUR). Im Hinblick auf diese Unternehmen sind die Pflichten für Anbieter von Online-Plattformen nicht anwendbar.

 

  1. Online-Suchmaschine

Nach Art. 3 lit. j) DSA gelten Online-Suchmaschinen als Vermittlungsdienste. Allerdings ist bislang umstritten, ob für sie lediglich die allgemeinen Pflichten für Vermittlungsdienste oder z.B. auch besondere Vorgaben für Hosting-Dienste gelten. Nach ErwG 29 Satz 6 DSA sind für die Fragen, ob es sich bei einem Dienst um eine bestimmte Art von Vermittlungsdiensten, wie Dienste der reinen Durchleitung oder Hosting-Dienste handelt, ausschließlich die technischen Funktionen maßgeblich. Insofern dürfte davon auszugehen sein, dass grundsätzlich die allgemeinen Anforderungen für Vermittlungsdienste gelten und weitere spezielle Pflichten lediglich dann, wenn die Online-Plattform im Einzelfall die technischen Funktionen eines besonderen Vermittlungsdienstes aufweist.

Eine Online-Suchmaschine weist nach Art. 3 lit. j) DSA u.a. folgende Merkmale auf:

  • Vermittlungsdienst,
  • ermöglicht Nutzern Anfragen einzugeben,
  • um auf allen Websites eine Suche zu einem beliebigen Thema vorzunehmen,
  • und Ergebnisse angezeigt zu bekommen.

Wichtige Pflichten für Online-Suchmaschinen

Neben den allgemeinen Pflichten für Vermittlungsdienste müssen Online-Suchmaschinen folgende Anforderungen nach dem DSA erfüllen:

  • Anbieter von Online-Plattformen oder -Suchmaschinen müssen bereits jetzt alle sechs Monate Informationen über die durchschnittliche monatliche Nutzerzahl veröffentlichen.

 

  1. Sehr große Online-Plattformen und -Suchmaschinen

Dies sind gemäß Art. 33 Abs. 1 DSA solche Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzern pro Monat in der Europäischen Union (sogenannte VLOPs). Für diese gelten neben den bereits genannten Pflichten u.a. noch weitere spezielle Vorgaben des DSA:

  • Jährliche Ermittlung von Risiken, die sich aus der Konzeption / dem Betrieb / der Nutzung der Dienste ergeben.
  • Implementierung angemessener, verhältnismäßiger und wirksame Risikominderungsmaßnahmen (z.B. Anpassung der AGB oder algorithmischer Systeme).
  • Umsetzung von Maßnahmen auf Beschluss der Kommission im Krisenfall.
  • Jährliche unabhängige Prüfung zur Einhaltung der Pflichten nach dem DSA.
  • Gewährung des Zugangs zu Daten gegenüber der Kommission / dem Koordinator für digitale Dienste / zur Überwachung der Einhaltung des DSA sowie gegenüber Forschern zur Durchführung zur Risikoanalyse.
  • Einrichtung einer Compliance-Abteilung.
  • Entrichtung einer jährlichen Aufsichtsgebühr.

 

Handlungsempfehlungen:

Wir empfehlen, bereits jetzt zu prüfen, ob und unter welche Adressatenkategorie des DSA Ihr Unternehmen fällt. Sofern die Verordnung Anwendung findet, sollten Sie sich mit den relevanten Pflichten auseinandersetzen und entsprechende Prozesse implementieren, um die gesetzlichen Vorgaben ab Februar 2024 erfüllen zu können. Der aktuellste Referentenentwurf des Bundesverkehrsministeriums, mit dem ein DSA-Durchführungsgesetz in Deutschland geschaffen werden soll, sieht in Umsetzung der Vorgaben des DSA gemäß § 25 Abs. 4 Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) Geldbußen für Verstöße gegen Pflichten aus dem DSA vor.

 

Weitere Informationen zum DSA finden Sie in unserem früheren Blog-Artikel.

Rechtsanwalt, Senior Associate
Alexander Weiss
Rechtsanwalt, Senior Associate
Alexander Weiss

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Neue Zweifel an der Wirksamkeit des EU-U.S. Data Privacy Framework

Der LIBE-Ausschuss vom Europäischen Parlament hat am 6. Februar 2025 die Kommission darauf hingewiesen, dass das unter dem EU-U.S. Data Privacy Framework („DPF“) geschaffene Privacy and Civil Liberties Board nur noch mit einer Person besetzt ist (siehe dazu auch den Artikel bei Bloomberg). Die anderen Board-Mitglieder wurden von der Exekutive in den USA abberufen. Der Ausschuss bittet die Kommission eine dokumentierte Prüfung zur Verfügung zu stellen, die sich mit den Auswirkungen dieser Änderung befasst. Das ist nachvollziehbar, weil eigentlich ein wirksamer und Art. 47 der Charta der Grundrechte der EU entsprechender Rechtsbehelf notwendig ist, um von einer Angemessenheit des Schutzniveaus auszugehen. Im folgenden Abschnitt beantworten wir Fragen, die sich Unternehmen aus der EU jetzt vermehrt stellen werden.

Neue Vorgaben zur Barrierefreiheit auf Websites und in Apps: Ein Überblick zu den Vorschriften des BFSG

Philip Schweers hat in der aktuellen Ausgabe 09/2025 des "Betriebs-Beraters" die nach dem 28. Juni 2025 geltenden Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Websites und Apps zusammengefasst.

Der Beitrag beschreibt ausführlich für welche Websites und Apps das BFSG gilt, welche Anforderungen bei dessen Umsetzung beachtet werden müssen und welche Konsequenzen bei Verstößen drohen.

Den Beitrag finden Sie hier als PDF zum freien Abruf.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 4) – Folgen von Verstößen gegen das BFSG

Ab dem 29. Juni 2025 gelten die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Um Sie rechtzeitig auf das BFSG vorzubereiten, befassen wir uns in unserer Beitragsreihe mit dessen Anforderungen. In Teil 1 haben wir uns einen kurzen Gesamtüberblick zum BFSG verschafft. In Teil 2 und Teil 3 haben wir uns angesehen, ob und welche Anforderungen aus dem BFSG für ihre Websites und Apps gelten. In Teil 4 befassen wir uns damit, was passiert, wenn ein Dienstleister, (z.B. der Anbieter eines Onlineshops) gegen die Vorgaben des BFSG verstößt und wie dieser sich gegen mögliche Rechtsfolgen wehren kann.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 3) – Was bedeutet Barrierefreiheit für meine Website oder App?

Nachdem wir uns in Teil 2 unserer Beitragsreihe zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) damit befasst haben für welche Apps und Websites das BFSG gilt, stellen wir Ihnen in Teil 3 vor, welche konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit gelten.

LG Nürnberg-Fürth: Zugangsdaten, Passwörter und Datenbank mit öffentlich verfügbaren Informationen als Geschäftsgeheimnisse

Im Bereich Geschäftsgeheimnisschutz ist es besonders relevant, dass Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses diese mit angemessenen Maßnahmen geheim halten. Damit eine Information überhaupt ein Geschäftsgeheimnis i.S.v. § 2 Nr. 1 GeschGehG sein kann, dürfen die relevanten Informationen u.a. weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich sein. Das LG Nürnberg-Fürth hat am 27.12.2024 (Az. 19 O 556/24) entschieden, dass sowohl eine Datenbank mit öffentlich verfügbaren Daten als auch die Zugangsdaten und Passwörter für den Zugriff auf diese Datenbank als Geschäftsgeheimnisse gelten. Es wurde außerdem entschieden, dass dem Kläger ein Auskunftsanspruch aus § 8 Abs. 1 GeschGehG zustand und die dabei zur Mitteilung von Namen und Anschriften der an der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses beteiligten Personen erforderliche Rechtsgrundlage aus der DSGVO vorlag.

Fachbeitrag: Berechtigte Interessen als Rechtsgrundlage für das Training von KI-Modellen

Alexander Weiss & Dr. Carlo Piltz haben im aktuellen Heft 12/2024 der Zeitschrift DATENSCHUTZ-BERATER die praxisrelevante Frage untersucht, ob und wann die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO (Interessenabwägung) für die Verwendung personenbezogener Daten zum Zweck des Trainings von KI-Modellen genutzt werden kann.