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Bundesverwaltungsgericht Österreich zum Cookie-Banner: Einfache Möglichkeit zum Ablehnen ist Pflicht
Das Österreichische Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat in einem Erkenntnis vom 31. Juli 2024 (Az. W108 2284491-1/15E) klargestellt, dass ein Cookie-Banner neben der Option Cookies und andere Technologien zu „akzeptieren“ auch eine optisch gleichwertige Option zum Ablehnen enthalten muss. Die Entscheidung ist aus mehreren Gründen bemerkenswert:
- Es ist wohl die erste Entscheidung eines obersten Gerichts, die sich mit der Ausgestaltung des Cookie-Banners befasst.
- Das Gericht hat anerkannt, dass das Ermittlungsverfahren der Aufsichtsbehörde mängelfrei und ordnungsgemäß unter Zuhilfenahme des Website Evidence Collector, einem Open Source Tool des Europäischen Datenschutzbeauftragten, durchgeführt wurde.
- Die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit dem Einsatz von Cookies fällt nicht unter das Medienprivileg gemäß Art. 85 DSGVO.
- Das Gericht setzt die Nichtabgabe einer Einwilligung mit deren Widerruf nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO gleich und leitet daraus ab, dass die Nichterteilung einer Einwilligung so einfach sein muss wie deren Erteilung.
- Die Möglichkeit auf zweiter Ebene abzulehnen, wird ausdrücklich nicht als gleichwertig angesehen.
Hintergrund der Entscheidung
Hintergrund der Entscheidung war ein Verfahren der österreichischen Datenschutzbehörde. Aufgrund einer Betroffenenbeschwerde hatte diese den Einsatz von Cookies auf der Website eines Medienunternehmens untersucht. Im Rahmen dieser Untersuchung stellte die Behörde fest, dass der Einsatz von Cookies über den Cookie-Banner nur durch Klick auf die Schaltflächen „Zwecke anzeigen“ und im zweiten Schritt „Alle ablehnen“ abgelehnt werden konnte. Die Abgabe einer Einwilligung war dagegen in einem Schritt durch Klick auf die Schaltfläche „Akzeptieren“ auf erster Ebene möglich. Aus Sicht der Behörde lag darin ein Verstoß gegen die Vorgaben aus Art. 6 und 7 DSGVO. Sie wies daher das Medienunternehmen an, den Cookie-Banner so abzuändern, dass auf der ersten Ebene des Cookie-Banners zusätzlich zur Option „Akzeptieren“ eine optisch gleichwertige Option vorhanden ist, um das Cookie-Banner ohne Abgabe einer Einwilligung schließen zu können.
Dagegen legte das Medienunternehmen Beschwerde ein.
Einsatz des Website Evidence-Collectors
Im Rahmen der Beweissicherung verwendete die Behörden den vom Europäischen Datenschutzbeauftragten bereitgestellten Website Evidence Collector. Hiergegen hatte das Gericht nichts einzuwenden. Im Gegenteil, aufgrund der durch die Behörde vorgelegten Beweise, sah das BVwG das Setzen bestimmter Cookies bei Aufruf der Seite und Auswahl der Einwilligungsoptionen als erwiesen an.
Die ausdrückliche Erwähnung des Website Evidence Collector und der Verwertbarkeit der damit erfassten Beweise ist insofern spannend, da damit praktisch ein höchstgerichtlich geprüfter technischer Standard für die Überprüfung von Websites geschaffen wird.
Ausschluss des Medienprivilegs
Für die Anwendbarkeit des Medienprivilegs (Art. 85 DSGVO iVm § 9 Abs. 1 des Österreichischen Datenschutzgesetzes) wäre nach Ansicht des Gerichtes ein Zusammenhang mit einem journalistischen Zweck Voraussetzung gewesen. Dieser sei beim Nutzertracking zu Analyse-, Marketing- und Werbezwecke aber nicht gegeben.
Möglichkeit zur Ablehnung entsprechend den Anforderungen aus Art. 7 Abs. 3 DSGVO
Das BVwG geht in seinem Erkenntnis davon aus, dass die Nichtabgabe einer Einwilligung genauso einfach sein muss, wie die Abgabe der Einwilligung. Bemerkenswerterweise leitet das Gericht diese Anforderung ohne weitere Begründung allein aus Art. 7 Abs. 3 DSGVO ab. Diese Herleitung erscheint zumindest diskutabel, da der Art. 7 Abs. 3 DSGVO nur Vorgaben zum Widerruf einer bereits erteilten Einwilligung enthält, also der nachträglichen Rücknahme der Einwilligung, und sich nicht ausdrücklich auf die Abgabe der Einwilligung bzw. die Nichterteilung bezieht.
Folgen für die Praxis
Neben dem BVwG gehen auch deutsche Gerichte und Aufsichtsbehörden bereits seit längerem davon aus, dass Nutzenden auf erster Ebene des Cookiebanners eine gleichwertige Möglichkeit zum Ablehnen der Einwilligung angeboten werden muss. Sich hier rechtlich anders zu positionieren, erscheint rechtlich nur noch unter Inkaufnahme hoher Haftungsrisiken vertretbar zu sein. Gleichzeitig bedeutet die gerichtliche Akzeptanz der Analyseergebnisse des Website Evidence Collector, dass Verantwortliche in der Praxis ihre eigenen Webseiten mit diesem Tool prüfen könnten. So hätte man „den Blick der Behörde“ auf das eigene Angebot und kann eine Risikobewertung auf einer Datenbasis vornehmen, die im Zweifel auch die Aufsichtsbehörde zugrunde legen würde.
Insoweit nicht längst geschehen, empfehlen wir Unternehmen dringend sich mit diesen Risiken auseinanderzusetzen.
News
Neue Orientierungshilfe der Datenschutzkonferenz zum Einsatz von Cookies und ähnlichen Technologien
Heute am 21. Dezember 2021 wurde von der Datenschutzkonferenz (DSK) die neue Orientierungshilfe für Anbieter:innen von Telemedien ab dem 1. Dezember 2021 (OH Telemedien 2021) veröffentlicht. Durch die Orientierungshilfe versucht die Datenschutzkonferenz, zahlreiche Fragen zu klären, die sich vor allem im Bezug auf die Anwendung des § 25 TTDSG stellen, der den Umgang mit Cookies und ähnlichen Tracking-Technologien regelt. Auch wenn uns das Papier in den kommenden Wochen und Monaten noch vielseitig beschäftigen wird, möchten wir Ihnen im Folgenden einen kurzen Überblick zu den aus unserer Sicht wichtigsten Aussagen geben:
Österreichisches BVwG: Wechsel der Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung ist zulässig
Kann sich ein Verantwortlicher auf eine andere Rechtsgrundlage als Rechtfertigung für die Datenverarbeitung berufen, nachdem die zugrundeliegende Einwilligungserklärung von einer Behörde für ungültig erklärt wurde?
Die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz kommt! – Datenschutzrechtliche ToDos
Heute am Mittwoch, den 24. November 2021, ist es soweit: Die 3G-Regel (geimpft, genesen, getestet), die uns seit Monaten im täglichen Leben begleitet, gilt auch am Arbeitsplatz. Die Umsetzung der neuen Regeln werfen selbstverständlich auch einige datenschutzrechtliche Fragen auf. Anhand der FAQs zum betrieblichen Infektionsschutz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) haben wir den folgenden Beitrag zum neuen Infektionsschutzgesetz (IfSG) und die daraus resultierende 3G-Nachweispflicht am Arbeitsplatz für Sie zusammengefasst.
Webinar von Piltz Legal: Der neue § 25 TTDSG – Dos and Don'ts
Achtung: nur noch Plätze auf der Warteliste verfügbar
Piltz Legal organisiert am 22.11.2021 ein weiteres Webinar zu einem der aktuell wichtigsten datenschutzrechtlichen Themen: dem am 1.12.2021 in Kraft tretenden TTDSG. Wir freuen uns, bei diesem Webinar Frau Dr. Herbort von der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als Gast und Diskussionsteilnehmerin begrüßen zu dürfen.
Webinar von Piltz Legal: Der neue § 25 TTDSG – Anwendungsbereich, Ausnahmen von der Einwilligungspflicht und behördliche Zuständigkeiten
Piltz Legal organisiert am 4.11.2021 ein Webinar zu einem der aktuell wichtigsten datenschutzrechtlichen Themen: dem am 1.12.2021 in Kraft tretenden TTDSG. Besonders freuen wir uns, bei diesem Webinar Frau Dr. habil. Silke Jandt von der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen als Gast und Diskussionsteilnehmerin begrüßen zu dürfen.
Anforderungen an Datenübermittlungen durch Unternehmen an Behörden
Schlussantrag des Generalanwalts
Der Generalanwalt beim EuGH äußerte sich in einem kürzlich veröffentlichten Schlussantrag zu den Anforderungen an Datenübermittlungen durch Unternehmen an Behörden
Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH vom 2.9.2021, Az. C-175/20