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Bericht des Europäischen Datenschutzausschusses zur Prüfung von Datentransfers in Drittländer

Am 19. April 2023 hat der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) den Bericht der Task Force 101 zu den NOYB-Beschwerden veröffentlicht. Thematisch geht es in der Veröffentlichung um die Problematik der Datenübermittlung in Drittländer im Zusammenhang mit dem Einsatz von Website-Tools, wie Google Analytics und Facebook Business Tools.

Hintergrund des Berichts

Hintergrund dieses Berichts der EDSA Task Force waren die im August 2020 eingereichten 101 Beschwerden der Organisation NOYB in Bezug auf die Übermittlung personenbezogener Daten in die USA als Folge der Schrems-II-Entscheidung des EuGH und die damit verbundene Aufhebung des EU-US-Privacy Shields. Die Task Force wurde gebildet, um einen einheitlichen Ansatz im Umgang mit den Beschwerden sicherzustellen. Im Bericht befinden sich auch allgemeine Aussagen, die nach Ansicht der Task Force so ganz allgemein für Datenübermittlungen gelten.

Kernaussagen zur Drittlandübermittlung

Zusammengefasst enthält der Bericht folgende Kernaussagen:

  1. Wenn ein bestimmtes Tool zur Erhebung personenbezogener Daten auf einer Website ohne Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSGVO verwendet wird, ist die Datenverarbeitung rechtswidrig, auch wenn die Erfordernisse in Kapitel V zur Datenübermittlung in Drittländer grds. erfüllt wären. Damit wird ein weiteres Mal die Behördenansicht bestätigt, dass die Rechtsgrundlagen aus Art. 6 Abs. 1 DSGVO und aus Kapitel V DSGVO gleichzeitig aber getrennt zu betrachten sind.
  2. Ein rückwirkender Abschluss von SCCsS.v. Art. 46 Abs. 2 lit. c) DSGVO ist nicht zulässig. In der Praxis müssen SCC also immer vor der ersten Datenübermittlung in ein Drittland abgeschlossen sein, um die SCC als Grundlage für die Datenübermittlung zu verwenden.
  3. Bei dem Abschluss von SCCs ist zu berücksichtigen, dass die dabei vereinbarten zusätzlichen Maßnahmen als angemessene Garantien konkret die Mängel adressieren müssen, die der EuGH in seinem Schrems-II-Urteil bei der Bewertung der Situation in dem Drittland (USA) festgestellt hat. Dadurch soll nämlich sichergestellt werden, dass die Rechtsvorschriften im Drittland die in den SCC vereinbarten Garantien nicht beeinträchtigen. Dies ist ebenfalls eine Bestätigung der schon vom EDSA mehrfach geäußerten Ansicht. Die zusätzlichen Maßnahmen können nur dann einen Unterschied machen, wenn dadurch die ohne Vereinbarung dieser Garantien bestehenden Unzulänglichkeiten nicht mehr existieren.
  4. Die von einem Datenimporteur vorgenommene Verschlüsselung ist keine geeignete zusätzliche Maßnahme, wenn dieser als Anbieter eines Dienstes gesetzlich zur Offenlegung des kryptografischen Schlüssels gegenüber Behörden verpflichtet ist. Das entspricht der schon vom EDSA vertretenen Auflassung. In der Praxis darf das im Drittland ansässige Unternehmen nicht über die zur Entschlüsselung notwendigen Schlüssel verfügen, wenn eine Übermittlung von Klardaten ohne Verschlüsselung nicht den Anforderungen aus Kapitel V DSGVO entspricht.
  5. Ebenso ungeeignet ist eine Anonymisierung der IP-Adresse, wenn diese erst nach der Übermittlung in das Drittland stattfindet. Sofern eine Anonymisierung der IP-Adresse als zusätzliche Maßnahme vorgenommen werden soll, dann muss ein EU-Unternehmen die Anonymisierung vor der Übermittlung vornehmen.
  6. Wenn der Auftragsverarbeiter im Auftrag des Website-Betreibers als Datenexporteur auftritt, ist letzterer ebenfalls für die Einhaltung der Vorgaben in Kapitel V verantwortlich. Er muss zudem sicherstellen, dass der Auftragsverarbeiter hinreichende Garantien gemäß Art. 28 Abs. 1 DSGVO bietet. Das entspricht ebenfalls der von verschiedenen Behörden vertretenen Ansicht. Der Pflichtenumfang des Verantwortlichen sollte in diesem Fall aber reduziert sein und im Vergleich zum Pflichtenumfang des Auftragsverarbeiters geringer ausfallen.
  7. Sofern der Website-Betreiber als Verantwortlicher zu qualifizieren ist, muss dieser prüfen, ob ein auf der Website verwendetes Tool in Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Anforderungen genutzt werden kann. Nach Ansicht des EuGH muss ein Verantwortlicher nach dem Grundsatz der Rechenschaftspflicht nachweisen können, dass geeignete Maßnahmen zur Wahrung des Rechts auf Datenschutz getroffen wurden, um Verstöße gegen die DSGVO zu verhindern. Fehlt ein solcher Nachweis oder sind die Angaben zur Datenübermittlung unzureichend, kann hieraus ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 und Art. 24 Abs. 1 DSGVO resultieren. In der Praxis sind daher Transfer Impact Assessments besonders wichtig.
  8. Die Entscheidung eines Website-Betreibers, ein bestimmtes Tool für bestimmte Zwecke zu verwenden (z. B. zur Analyse des Verhaltens der Website-Besucher), wird als Bestimmung der „Zwecke und Mittel“ gemäß Art. 4 Abs. 7 DSGVO angesehen, womit der Website-Betreiber zum zumindest zum (Mit)Verantwortlichen wird.

Empfehlung für die Praxis

Viele der in dem Bericht genannten Grundsätze wurden bereits in der Vergangenheit von dem Großteil der mitgliedstaatlichen Datenschutzbehörden vertreten. Auch wenn der Bericht rechtlich nicht bindend ist, so bietet er für die Praxis wichtige Anhaltspunkte bei der Verwendung von Website-Tools und kann als eine Art „EU-weite Rahmenbedingung“ aus aufsichtsbehördlicher Sicht angesehen werden.

Unternehmen sollten daher ihre Webseiten, Apps und Cookie-Banner überprüfen und dabei die Vorgaben der EDSA Task Force als behördlichen Prüfstandard berücksichtigen.

Rechtsanwalt, Senior Associate
Alexander Weiss
Rechtsanwalt, Senior Associate
Alexander Weiss

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Neue Zweifel an der Wirksamkeit des EU-U.S. Data Privacy Framework

Der LIBE-Ausschuss vom Europäischen Parlament hat am 6. Februar 2025 die Kommission darauf hingewiesen, dass das unter dem EU-U.S. Data Privacy Framework („DPF“) geschaffene Privacy and Civil Liberties Board nur noch mit einer Person besetzt ist (siehe dazu auch den Artikel bei Bloomberg). Die anderen Board-Mitglieder wurden von der Exekutive in den USA abberufen. Der Ausschuss bittet die Kommission eine dokumentierte Prüfung zur Verfügung zu stellen, die sich mit den Auswirkungen dieser Änderung befasst. Das ist nachvollziehbar, weil eigentlich ein wirksamer und Art. 47 der Charta der Grundrechte der EU entsprechender Rechtsbehelf notwendig ist, um von einer Angemessenheit des Schutzniveaus auszugehen. Im folgenden Abschnitt beantworten wir Fragen, die sich Unternehmen aus der EU jetzt vermehrt stellen werden.

Neue Vorgaben zur Barrierefreiheit auf Websites und in Apps: Ein Überblick zu den Vorschriften des BFSG

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Der Beitrag beschreibt ausführlich für welche Websites und Apps das BFSG gilt, welche Anforderungen bei dessen Umsetzung beachtet werden müssen und welche Konsequenzen bei Verstößen drohen.

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Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 4) – Folgen von Verstößen gegen das BFSG

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Nachdem wir uns in Teil 2 unserer Beitragsreihe zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) damit befasst haben für welche Apps und Websites das BFSG gilt, stellen wir Ihnen in Teil 3 vor, welche konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit gelten.

LG Nürnberg-Fürth: Zugangsdaten, Passwörter und Datenbank mit öffentlich verfügbaren Informationen als Geschäftsgeheimnisse

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Fachbeitrag: Berechtigte Interessen als Rechtsgrundlage für das Training von KI-Modellen

Alexander Weiss & Dr. Carlo Piltz haben im aktuellen Heft 12/2024 der Zeitschrift DATENSCHUTZ-BERATER die praxisrelevante Frage untersucht, ob und wann die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO (Interessenabwägung) für die Verwendung personenbezogener Daten zum Zweck des Trainings von KI-Modellen genutzt werden kann.