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Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 4) – Folgen von Verstößen gegen das BFSG
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 4) – Folgen von Verstößen gegen das BFSG
Ab dem 29. Juni 2025 gelten die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Um Sie rechtzeitig auf das BFSG vorzubereiten, befassen wir uns in unserer Beitragsreihe mit dessen Anforderungen. In Teil 1 haben wir uns einen kurzen Gesamtüberblick zum BFSG verschafft. In Teil 2 und Teil 3 haben wir uns angesehen, ob und welche Anforderungen aus dem BFSG für ihre Websites und Apps gelten. In Teil 4 befassen wir uns damit, was passiert, wenn ein Dienstleister, (z.B. der Anbieter eines Onlineshops) gegen die Vorgaben des BFSG verstößt und wie dieser sich gegen mögliche Rechtsfolgen wehren kann.
Wer ist für die Verfolgung von Verstößen zuständig?
Nach dem BFSG sind Marktüberwachungsbehörden dafür verantwortlich zu überprüfen, ob Anbieter von Produkten und Dienstleistungen die Vorgaben des BFSG einhalten. Diese können auf Antrag von Verbrauchern oder eines anerkannten Verbandes oder auf eigene Initiative tätig werden.
Grundsätzlich sind die Länder zuständig, die Ressourcen für die Arbeit der Marktüberwachungsbehörden bereitzustellen. Ursprünglich war man daher davon ausgegangen, dass jedes Land eine eigene Marktüberwachungsbehörde einrichten wird (ähnlich wie bei den Datenschutzaufsichtsbehörden). Nach aktuellem Stand scheinen sich die Länder aber darauf geeinigt zu haben, eine bundesweit tätige Marktüberwachungsbehörde zu gründen und zu finanzieren. Diese soll „Gemeinsame Marktüberwachung der Länder für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen (MLBF)“ heißen und in Sachsen-Anhalt sitzen. Dem für die Gründung der Behörde erforderlichen Staatsvertrag haben bereits mehrere Länder zugestimmt, u.a. Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es scheint daher aktuell wahrscheinlich, dass es statt 16 Marktüberwachungsbehörden nur die MLBF geben wird.
Aus unserer Sicht ist das prinzipiell eine positive Entwicklung, da mit überschaubaren Aufwänden eine bundesweit einheitliche Auslegung des BFSG gewährleistet wird. Zudem erscheint die Gründung einer bundesweit tätigen Behörde auch sachgerecht, da sich das Angebot von digitalen Produkten oder Dienstleistungen nur in seltenen Fällen allein auf einzelne Bundesländer beschränken wird.
Welche Befugnisse hat die Marktüberwachungsbehörde, um gegen Verstöße vorzugehen?
Die Marktüberwachungsbehörde kann im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes von Unternehmen Auskunft in Bezug auf die Einhaltung der Anforderungen zur Barrierefreiheit verlangen.
Wird ein Verstoß festgestellt, kann die Marktüberwachungsbehörde die Umsetzung der BFSG-Vorgaben innerhalb einer Frist anordnen. Werden bis zum Ablauf der Frist keine angemessenen Abhilfemaßnahmen durch das Unternehmen getroffen, kann die Behörde die Umsetzung erneut anordnen und dabei die Untersagung des Angebotes androhen. Scheitert die Umsetzung erneut, bleibt der Behörde nur noch die Möglichkeit, das Angebot der Dienstleistung zu untersagen.
Darüber hinaus können aufgrund bestimmter Verstöße gegen das BFSG auch Bußgelder verhangen werden.
Grundsätzlich können alle aufgeführten Maßnahmen und Bußgelder auch gegenüber öffentlichen Stellen erlassen werden. Anders als z.B. bei der DSGVO, wurde das nicht explizit ausgeschlossen.
Wann liegt eine bußgeldbewehrte Verletzung der Vorgaben des BFSG vor?
Verstößt ein Dienstleister gegen das BFSG, stellt das in bestimmten Fällen eine Ordnungswidrigkeit dar und kann ein Bußgeld zur Folge haben, wenn der Verstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Weist ein Dienstleister die Marktüberwachungsbehörde nicht, nicht richtig oder nicht vollständig darauf hin, dass die Anforderungen des BFSG in Bezug auf die eigenen Dienste nicht eingehalten werden, kann das ein Bußgeld in Höhe von bis zu 10 000 Euro die Folge haben. Wird eine Auskunftsanfrage der Marktüberwachungsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht fristgerecht beantwortet, kann das ebenfalls ein Bußgeld von bis zu 10 000 Euro zur Folge haben. Wird der Dienst nicht entsprechend Vorgaben der BFSGV barrierefrei angeboten, kommt ein Bußgeld in Höhe von bis zu 100 000 Euro in Betracht.
Welche Verteidigungsmöglichkeiten gibt es für Unternehmen?
Soweit die Marktüberwachungsbehörde ein Verfahren gegen Ihr Unternehmen einleiten sollte, kommen mehrere Verteidigungsstrategien in Betracht. Im Rahmen dieses Beitrages möchten wir zwei mögliche Ansätze aufzeigen:
1) Berufung auf den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit
Wie bereits erwähnt müssen Unternehmen die Marktüberwachungsbehörde darüber informieren, wenn eine Dienstleistung nicht den Barrierefreiheitsanforderungen genügt. Tun sie dies nicht, droht ein Bußgeld. Da eine Unterschreitung der Barrierefreiheitsanforderungen eine Ordnungswidrigkeit darstellt und selbst bußgeldbewehrt ist, steht diese Regelung potenziell im Konflikt mit dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit (nemo-Tenetur). Dieser besagt, dass niemand zur Auskunft über Umstände verpflichtet werden kann, über die sich eine Person selbst belasten könnte, z.B. indem sie eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit offenlegt.
In Bezug auf Auskunftsanfragen gilt grundsätzlich das Gleiche. Das BFSG erkennt diesen Umstand explizit an und sieht daher ausdrücklich ein Auskunftsverweigerungsrecht vor, wenn die Beantwortung eine strafrechtliche Verfolgung oder ein Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten zur Folge haben könnte. Entsprechend dürfte den meisten Unternehmen bei Anfragen der Marktüberwachungsbehörden ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zustehen, von dem dieser Gebrauch machen können.
2) Geltendmachung der Ausnahmeregelungen
Die Vorgaben des BFSG gelten außerdem nur eingeschränkt, wenn die Einhaltungen der Verpflichtungen zu grundlegenden Veränderungen der Dienstleistung oder zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Dienstleisters führen würden. Wirft die Marktüberwachungsbehörde einem Unternehmen vor die Anforderungen des BFSG nicht ausreichend umgesetzt zu haben, können diese sich unter Umständen auf die Ausnahmeregelung berufen.
Eine unverhältnismäßige Belastung im Sinne des BFSG vorliegt, bemisst sich im Grundsatz nach drei Kriterien, die in Anlage 4 des BFSG beschrieben werden. Das erste Kriterium ist das Verhältnis der Nettokosten für die Umsetzung der Maßnahmen zur Gewährleistung der Barrierefreiheit zu den Gesamtkosten der Dienstleistung. Zweitens ist der zu erwartende Vorteil für die Menschen mit Behinderung gegenüber den erwartbaren Kosten für das Unternehmen einzubeziehen. Drittens muss das Verhältnis der Nettokosten zur Umsetzung der Maßnahme zum Nettoumsatz des Unternehmens berücksichtigt werden. Um sich auf die Ausnahme berufen zu können, muss das betreffende Unternehmen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen und dokumentieren. Diese muss zudem alle fünf Jahre wiederholt werden.
Soweit eine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, muss der betroffene Dienstleister die Anforderungen des BFSG nicht vollständig umsetzen.
Die Ausnahme kann vor allem für kleine und mittlere Unternehmen relevant sein. Diese sollen auch nach Inhalt der Gesetzesbegründung zum BFSG vor zu harten Belastungen durch die Vorgaben des BFSG geschont werden.
Welche Rechte haben Wettbewerber bei BFSG-Verstößen?
Bei einigen Vorschriften des BFSG handelt es sich voraussichtlich um Marktverhaltensregeln im Sinne des Wettbewerbsrechts (UWG). Es kann daher sein, dass Wettbewerber und qualifizierten Verbraucherverbände Unterlassungsansprüche aufgrund von BFSG-Verstößen geltend machen könnten.
Fazit / Praxisempfehlung
Bei Verstößen gegen das BFSG können Unternehmen und Behörden empfindliche Bußgelder drohen. Entsprechend sollten Sie sich mit den gesetzlichen Anforderungen auseinandersetzen. Selbst wenn Ihnen die Umsetzung des BFSG aktuell nicht zu 100 % möglich sein sollte, ermöglicht Ihnen die gesetzliche Ausnahme sich im Falle einer unverhältnismäßigen Belastung auf grundlegende Maßnahmen zu beschränken.
Wir empfehlen Ihnen außerdem die Kommunikation mit der Marktüberwachungsbehörde stets mit einem Anwalt abzustimmen.
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Der Digital Services Act – Überblick zu den einzelnen Adressaten und deren Pflichten
Der am 16. November 2022 in Kraft getretene Digital Services Act (Verordnung (EU) 2022/2065, „DSA“) wird ab dem 17. Februar 2024 vollständig gelten. Einige Pflichten, wie die Angabe der monatlichen Zahl der aktiven Nutzer durch Online-Plattformen, gelten bereits seit dem Inkrafttreten.
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Der vollständige Geltungsbeginn des Digital Services Act (DSA) am 17. Februar 2024 rückt stetig näher. Und mit ihm auch die Verpflichtung zahlreicher Unternehmen. Wichtig: der DSA gilt, anders als oft öffentlich wahrgenommen, nicht nur für die „Großen“. Nachfolgend wird deshalb die Pflicht von Hostingdiensteanbietern vorgestellt, die ein Melde- und Abhilfeverfahren nach dem DSA implementieren müssen.
Wichtige Änderungen des TTDSG durch das deutsche DSA-Umsetzungsgesetz in Sicht
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Beitragsempfehlung zum UN-Kaufrecht
Aus der aktuellen Ausgabe der „Neuen Juristischen Wochenschrift“ möchten wir Ihnen den von Prof. Piltz verfassten Beitrag „Neue Entwicklungen im UN-Kaufrecht“ ans Herz legen.
Weiterer Ausbau der Kompetenz im Bereich der Beratung im IT-Sicherheitsrecht
Im Rahmen unserer Beratungsstrategie bauen wir bei Piltz Legal kontinuierlich unsere Kompetenzen im Bereich IT-Sicherheitsrecht aus. Bei der Beratung unserer Mandanten ist es uns wichtig, nicht nur fachspezifisches rechtliches Know How zu liefern, sondern auch die Sprache der IT sprechen zu können.
Erneut Auszeichnung von der WirtschaftsWoche
Wir freuen uns, dass wir erneut durch die WirtschaftsWoche ausgezeichnet wurden.