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Abfrage des Impfstatus von Arbeitnehmern – Neue Vorgaben und Pflichten für Arbeitgeber durch Corona-Landesverordnungen
Schon in ihrer Entschließung vom 29.03.2021 wiesen die deutschen Datenschutzbehörden (versammelt in der Datenschutzkonferenz (DSK)) darauf hin, dass ihrer Ansicht nach regelmäßig eine gesetzliche Regelung u. a. für die Nachweispflicht eines negativen Corona-Tests durch den Arbeitgeber für den Zugang zu privatwirtschaftlichen Einrichtungen fehle. Daraus folgt nach Ansicht der DSK, dass u. a. Arbeitnehmer ihre Einwilligung für die Abfrage eines Nachweises erteilen müssten, sofern nicht ausnahmsweise eine gesetzliche Regelung eine Nachweispflicht festschreibt (siehe z. B. § 20 IfSG).
Umso bemerkenswerter sind die jüngsten Änderungen verschiedener Bundesländer in ihren jeweiligen Corona-Schutzverordnungen. So führten sowohl NRW (§ 7 Abs. 3 Corona-Schutzverordnung NRW) als auch Sachsen (§ 9 Abs. 1a SächsCoronaSchVO) eine Regelung ein, nach der Arbeitnehmer, die fünf Werktage hintereinander im Urlaub waren oder aufgrund von vergleichbaren Dienst- oder Arbeitsbefreiungen nicht gearbeitet haben, dem Arbeitgeber einen Corona-Negativtest vorlegen oder vor Wiederaufnahme der Arbeit einen dokumentierten, vom Arbeitgeber beaufsichtigten Corona-Test durchführen müssen. Alternativ kann auch der Nachweis eines vollständigen Impfschutzes vorgelegt werden. Auch das Bundesland Berlin sieht zumindest für Arbeitnehmer, die während ihrer Beschäftigung körpernahen Kontakt zu Kunden haben, eine Selbsttestung nur unter Aufsicht des Arbeitgebers vor (Was sind meine Pflichten als Arbeitgeber:in, 3).
Dies bedeutet, dass Arbeitgeber nach verschiedenen Landesverordnungen nun verpflichtet und damit auch berechtigt sind, sich Testnachweise oder auch den Nachweis einer vollständigen Impfung vorlegen zu lassen.
Es stellt sich insofern die Frage, ob Arbeitgeber mit Blick auf die Einschätzung der DSK für eine Verwendung bzw. die Abfrage von Arbeitnehmerdaten zu Corona-Tests oder Impfnachweisen tatsächlich eine datenschutzrechtliche Einwilligung des Arbeitnehmers einholen müssen. Die Frage ist umso bedeutender, da es sich bei den Test- & Impfnachweisdaten um Gesundheitsdaten i. S. v. Art. 4 Nr. 15; 9 Abs. 1 DSGVO handelt. Als Alternative zur Einwilligung käme (insbesondere mit Blick auf die neuen Vorgaben in den jeweiligen Corona-Schutzverordnungen) die gesetzliche Grundlage nach § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG in Betracht. Nach der Norm kann der Verantwortliche für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeiten, wenn dies zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit oder des Sozialschutzes erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.
Für die Anwendung dieser Norm spricht zunächst, dass sie nicht von einer gesetzlichen Verpflichtung, sondern lediglich von einer rechtlichen Verpflichtung spricht, worum es sich dem Wortlaut der fraglichen Corona-Schutzverordnung nach unzweifelhaft handelt. Außerdem spricht für die Anwendung von § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG, dass dieser ohnehin eine Interessenabwägung fordert, wodurch die Rechte und Freiheiten der betroffenen Beschäftigten zusätzlich gewahrt werden. Ginge man hingegen davon aus, dass die betreffenden Corona-Schutzverordnungen keine ausreichende rechtliche Verpflichtung i. S. v. § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG darstellten, käme als Alternative wohl nur die Einwilligung der betroffenen Beschäftigten gemäß § 26 Abs. 3 S. 2 BDSG in Betracht. Dieses Ergebnis ist problematisch, da sich hier auf der einen Seite die rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers und auf der anderen Seite eine geforderte freiwillige Einwilligung des betroffenen Beschäftigten gegenüberstehen würden. Selbst wenn man im Einzelfall die ordnungsgemäße Einwilligung des betroffenen Beschäftigten unterstellen würde, stellte sich die Frage, was passierte, wenn dieser die Einwilligung anschließend aber noch vor Vorlage eines Testergebnisses oder des Impfnachweises oder Durchführung der Testung widerruft. Nach allen untersuchten Corona-Schutzverordnungen sind Verstöße gegen die Testpflicht bußgeldbewährt. Der Arbeitgeber würde sich also im Fall einer Missachtung der Verpflichtung nach den einschlägigen Corona-Schutzverordnungen einem Bußgeldrisiko aussetzen. Dies spricht dafür, dass der Nachweis der Testung bzw. Nachweis der Impfung nach den Corona-Schutzverordnungen auch ohne Einwilligung vom Betroffenen möglich sein muss. Es sprechen daher gute Argumente dafür, dass § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG in Bezug auf die besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Rahmen der betreffenden Corona-Schutzverordnungen die taugliche datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage darstellt.
Bemerkenswert ist i. Ü., dass die Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) NRW unter Berufung auf einen Anwendungshinweis des Gesundheitsministeriums NRW der Ansicht ist, dass es für die Durchführung der Testpflicht überhaupt keiner Verarbeitung personenbezogener Daten bedürfe (FAQs, Ziff. 9). Denn es müsse kein Negativtest dokumentiert werden, sondern vielmehr nur, dass ein solches Kontrollsystem bestehe. Datenschutzrechtlich ist dies wohl die allersicherste Methode. Inwiefern damit die Kontrolle eines jeden Mitarbeiters, der zur Arbeitsstätte zurückkehrt, hinsichtlich einer Corona-Infektion sichergestellt und nachvollziehbar ist, bleibt auch mit Blick auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers offen. Die Sächsische Aufsichtsbehörde hat sich soweit ersichtlich bisher nicht zu der Frage geäußert.
Generell sollten folgende Punkte aus Arbeitgebersicht Beachtung finden, wenn die neuen Vorgaben umgesetzt werden:
- Aktualisierung der Mitarbeiterdatenschutzinformation;
- Anpassung der TOMs (hierbei kann man sich an den Vorgaben von § 22 Abs. 2 BDSG orientieren);
- Sensibilisierung der für die Aufsicht der Corona-Testungen eingesetzten Mitarbeiter;
- Festlegen von Aufbewahrungs- und Löschfristen für die Dokumentation des Nachweises des Tests oder der Impfung.
Update vom 28.7.2021:
Auch die Sächsische Aufsichtsbehörde ist der Ansicht, dass die Tests oder Kontrollen ohne Personenbezug dokumentiert werden sollen (Testpflicht für „Urlaubsrückkehrer“). Trotz der Forderung der Behörde, Kontrollen ohne eine Verarbeitung mit Personenbezug durchzuführen, solle der Arbeitgeber außerdem gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c), 25 DSGVO organisatorisch separierte Stellen schaffen, die die Gesundheitsdaten entgegennehmen.
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